Eins, zwei, frei
über Slowenien, Kroatien, Montenegro, Albanien nach Griechenland - für ein ganzes halbes Jahr
Die letzten Tage vor der langen Reise wachsen die Zweifel.
Abstand nehmen, für ein halbes Jahr einfach so verschwinden – ein Traum.
Einer, den wir das gesamte letzte Jahr über geträumt hatten und der jetzt Wirklichkeit werden soll. Etwas Außergewöhnliches machen, etwas, was wir noch nie im Leben gemacht haben! Pilgern mit den Füßen geht nicht mehr, wäre wohl auch nicht unsere Art gewesen. Wohnmobil, auch keine Option. An die Orte zu denen wir wollen, über kleine, grottenschlechte Straßen, würde es uns nicht bringen. Also Josef packen.
Unsere Autos haben Namen.
Josef ist ein Opel Meriva, seit einem Jahr in unserem Besitz, 10 Jahre alt, 100 000 km gefahren, benannt nach seinem checkbuchpflegenden, benzinsparend fahrenden, anscheinend sehr sorgfältigen Vorbesitzer.
Abstand nehmen, für ein halbes Jahr einfach so verschwinden – ein Traum.
Einer, den wir das gesamte letzte Jahr über geträumt hatten und der jetzt Wirklichkeit werden soll. Etwas Außergewöhnliches machen, etwas, was wir noch nie im Leben gemacht haben! Pilgern mit den Füßen geht nicht mehr, wäre wohl auch nicht unsere Art gewesen. Wohnmobil, auch keine Option. An die Orte zu denen wir wollen, über kleine, grottenschlechte Straßen, würde es uns nicht bringen. Also Josef packen.
Unsere Autos haben Namen.
Josef ist ein Opel Meriva, seit einem Jahr in unserem Besitz, 10 Jahre alt, 100 000 km gefahren, benannt nach seinem checkbuchpflegenden, benzinsparend fahrenden, anscheinend sehr sorgfältigen Vorbesitzer.
Frei nach dem Känguru aus den Apokryphen
„Viele sagen, man soll dann gehen, wenn es am schönsten ist, aber ich finde, man soll lieber dahin gehen, wo's am Schönsten ist!“
Doch bevor wir Kängurus Ratschlag befolgen und es losgeht, ereilt uns wie gesagt, das heulende
Elend. Erzähl es bloß nicht weiter, sage ich meinem Mann, all jene, die uns
beneiden, werden uns für verrückt erklären, jammern auf höchstem Niveau!!!
Und recht haben sie.
Deshalb geben wir uns gegenseitig die Parole aus: Zähne zusammenbeißen und eisern schweigen!
Nur ab und zu gestehen wir einander in diesen letzten Tagen, zwischen Kaffee machen für die Möbelbauer, gepackten Koffern und Anweisungen für unsere Haus- und Katzensitter, dass es eine absolute Schnapsidee war, sich für ein halbes Jahr zu vertschüssen. Dass wir es Zuhause so schön und gemütlich haben, dass wir unsere Enkelinnen heiß und die Schneelandschaft lau vermissen werden, die deutsche Weihnachtszeit und Fasching, eher nicht -
Und recht haben sie.
Deshalb geben wir uns gegenseitig die Parole aus: Zähne zusammenbeißen und eisern schweigen!
Nur ab und zu gestehen wir einander in diesen letzten Tagen, zwischen Kaffee machen für die Möbelbauer, gepackten Koffern und Anweisungen für unsere Haus- und Katzensitter, dass es eine absolute Schnapsidee war, sich für ein halbes Jahr zu vertschüssen. Dass wir es Zuhause so schön und gemütlich haben, dass wir unsere Enkelinnen heiß und die Schneelandschaft lau vermissen werden, die deutsche Weihnachtszeit und Fasching, eher nicht -
sind wir eigentlich blöd?
In der stillen Verzweiflung kommt mir folgender Text in den Sinn
Fridolin Stier
Geh, verlaß die Heimat, die Welt,
darin du geboren bist, darin du dich eingerichtet hast –
das Haus voll von den Namen der Dinge, die um dich sind,
laß alles, was dir die Sprache über sie zu wissen gibt,
laß auch alles, was dir die Wissenschaft über sie vorspricht,
laß auch die Begriffe, mit denen du nach den Dingen greifst –
laß dieses Haus hinter dir, geh!
Dann wirst du,
vielleicht wirst du dann dem Anderen begegnen,
für das du weder Namen noch Wissen noch Begriffe hast,
dem ur- und ingründig Wirklichen und Wirkenden begegnen.
Du wirst ‘schauen‘...
Dann ist kein Ding mehr, was es dir zuvor gewesen,
ein jedes, eins um das andere, wird dir einen Namen sagen,
den du nicht nachsprechen kannst.
Und dann wird dir,
vielleicht wird dir dann aus allem und jedem,
das um dich ist, das Unnennbare erscheinen,
und du wirst jene Stimme hören, die du noch nie gehört,
sehr nah und gewaltig wirst du sie rufen hören:
ICH BIN DA!
darin du geboren bist, darin du dich eingerichtet hast –
das Haus voll von den Namen der Dinge, die um dich sind,
laß alles, was dir die Sprache über sie zu wissen gibt,
laß auch alles, was dir die Wissenschaft über sie vorspricht,
laß auch die Begriffe, mit denen du nach den Dingen greifst –
laß dieses Haus hinter dir, geh!
Dann wirst du,
vielleicht wirst du dann dem Anderen begegnen,
für das du weder Namen noch Wissen noch Begriffe hast,
dem ur- und ingründig Wirklichen und Wirkenden begegnen.
Du wirst ‘schauen‘...
Dann ist kein Ding mehr, was es dir zuvor gewesen,
ein jedes, eins um das andere, wird dir einen Namen sagen,
den du nicht nachsprechen kannst.
Und dann wird dir,
vielleicht wird dir dann aus allem und jedem,
das um dich ist, das Unnennbare erscheinen,
und du wirst jene Stimme hören, die du noch nie gehört,
sehr nah und gewaltig wirst du sie rufen hören:
ICH BIN DA!
Okay, es darf also sein, auch Wehmut zu empfinden, die
Unsicherheit darüber, was uns erwartet jenseits unserer schützenden Mauern. Letzte
Woche habe ich noch einen Seminartag gegeben in einer alten Burgruine, Titel „Mauern
und Grenzen“. Ob die Teilnehmenden gespürt haben, dass das Spiel zwischen
Sicherheit und Freiheit auch für mich zu einem brisanten Thema geworden isr?
Genug gejammert!
Wir werden erstmals Slowenien besuchen, Ljubljana für eine
Nacht, dann geht es auf die Istrische Halbinsel, nach Novigrad.
Danach? Lassen wir auf uns zukommen, einfach Richtung Süden!
Das Endziel ist festgelegt und unsere Ankunftszeit dort auch. Am 13.10., spätabends, müssen wir auf dem Athener Flughafen sein, eine Reisegruppe empfangen, die eine Woche mit uns in Palea Epidauros auf der Peloponnes verbringen wird.
Das Endziel ist festgelegt und unsere Ankunftszeit dort auch. Am 13.10., spätabends, müssen wir auf dem Athener Flughafen sein, eine Reisegruppe empfangen, die eine Woche mit uns in Palea Epidauros auf der Peloponnes verbringen wird.
Palea Epidauros, Sehnsuchtsort und zweite Heimat. Dort wird für das nächste halbe Jahr unser Zuhause sein. Mit den vertraut
gewordenen Menschen dort leben, Oliven und Orangen ernten, griechisch lernen
und deutsch lehren, unserem Mönchsfreund Georigios bei der Renovierung seines
alten Felsenklosters helfen, im Kafenion sitzen und Kafedes trinken…. und Ausflüge
machen in noch unbekannte griechische Gegenden. Ein tröstlicher Gedanke!
Dieser Reiseblog ist in erster Linie für uns selbst gedacht,
um die Fülle der kleinen Dinge, die uns geschehen nicht zu vergessen, dann für
unsere Familie und Freunde, die auf diese Art und Weise an unserem fernen Leben
teilhaben können und falls sich jemand auf diese Seite verirrt, so sind Sie
eingeladen mitzulesen.
Sollten wir über Restaurants und Hotels berichten, bzw.
Adressen angeben, ist es auch wieder in erster Linie, um uns selbst zu
erinnern. Wir haben keine Absprachen und Vergünstigungen, von den Locations,
über die wir erzählen. Die Fotos werden von uns selbst gemacht. Falls dies einmal
nicht zutrifft, werden wir es erwähnen.
Bled – Ljubljana 02.-03.09.2019
Bled
Der kleine Thermal-Kurort Bled,
am gleichnamigen See gelegen und von den umliegenden Bergen eingefasst, ist
eine kurze Pause am Seeufer wert, (nur ein paar Minuten von der
Autobahnabfahrt). Bei Cappuccino und sündhaft, herrlicher Bleder Kremesnite, in
der Villa Preseren, ließe es sich auch noch ein paar Minuten länger aushalten, wenn
sich am Himmel nicht in rasender Schnelle dunkelgraue, bedrohliche
Wolkengebirge aufbauen würden und das Donnergrollen schnell näher käme.
Hier würde sich bei mehr Zeit und besserem Wetter eine Bootsfahrt
mit einem überdachten Pletna-Ruderboot zur kleinen Seeinsel mit dem
Barockkirchlein drauf lohnen (früher soll hier die altslawische Göttin Ziva verehrt
worden sein), ein Aufstieg zur auf einer Felsnase thronenden Burg, oder eine
Seilbahnfahrt auf den Hausberg Straza. In der weiteren Umgebung sind der
Triglav-Nationalpark und die Vintgar-Klamm einen Zusatztag wert.
Kaum wieder auf der Autobahn, noch ca. 60 km bis nach Ljubljana,
scheint am hellen Nachmittag die Nacht über uns hereinzubrechen. Aus dem
undurchdringlichen Grau ergießen sich Wassermassen, die dem Monsun in
Südostasien alle Ehre gemacht hätten. Der Scheibenwischer packts nimmer und wir
können uns nur noch an den Nebelrückleuchten des Vorderfahrzeugs orientieren.
Ljubljana
Bewacht von der mächtigen Burganlage, zieht sich die
historische Altstadt der slowenischen Metropole malerisch am Flüsschen Ljubljanka
entlang. Die Stadt ist 2000 Jahre alt – und jung und lebendig geblieben, mit
prächtigen Jugenstil- und Barockbauten, in den Seitenstraßen fast dörflich
anmutend und mit südländischem Flair.
So hatte ich’s erwartet, darauf hatten wir uns gefreut.
Allein der Wetterbericht, verheißt nichts Gutes, zwar hat der Regen im Moment
nachgelassen, aber am Abend wird es wieder wie aus Kübeln schütten. Ein
lauschiges Eckchen irgendwo am Fluss kann abgehakt werden.
Unser, im Inneren sehr stilvolles Hotel, liegt an einer
vierspurigen Einfahrtstraße, in einem hässlichen Vorstadtbezirk, Mc Donalds ist
unser Nachbar. Das in einer Regenpause angestrebte, urige, ca. 1 km entfernte Restaurant,
hat Ruhetag.
Gostilna Pro Vodniku - das Geburtshaus des Verfassers des
ersten slowenischen Kochbuchs, Balentin Vodnik, würde dem Poeten alle Ehre
machen. Die Stallungen sind hübsch renoviert, die frische Saisonküche
verspricht Gaumenfreuden.
Also wieder durch die Vorstadttristesse zurück und im
Supermarkt gegenüber Käse, Trauben und Wein gekauft. Unsere Klischees werden
voll bedient und unsere Voreingenommenheit lässt uns die entsprechenden Bilder
sehen: bierbäuchige Männer am Imbissstand, die junge Punkerin, die ihren Hund
ungeduldig an der Leine hinter sich herzerrt, die dicke Frau auf der Bank an
der Bushaltestelle, die uns misstrauisch beäugt. Doch dann kommt etwas anderes:
Ein alter Mann stochert mit seinem Stock im schmalen Rasenstreifen, neben der
Straße, dann bückt er sich mühsam. Um Himmels willen, er wird doch nicht nach
etwas Essbarem suchen, hier an dieser Straße. Beim Näherkommen erkenne ich,
dass er nach vierblättrigen Kleeblättern Ausschau hält….
Novigrad 03.-06.09.2019
Ausflug nach Groznjan, Buzet, Vizinada 04.09.2019
Kanaldeckel in Grozjan |
Kunst in Grozjan |
Buzet |
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Wasserspiele in Buzet |
Wir machen einen Tagesausflug, weg vom Meer mitten hinein in
die istrische Landschaft. Anfangs, sanft ansteigend, überwiegen noch die landwirtschaftlichen
Flächen, Weinstöcke, Kürbisfelder, Olivenhaine. Je weiter wir fahren, desto
grüner wird die Landschaft, die Hecken und Bäume, die die Straße säumen sind so
dicht, dass man sich beschränkt hat, die die Sicht behindernden Äste und Zweige
abzuschneiden, dabei entstand ein grüner Tunnel, der manchmal fast geschlossen
die Straße überwuchert. Dann wieder ein freizügigerer Blick, auf den Berghügeln
thronen kleine Orte, schroffe Felsformationen tauchen auf, erinnern uns an das
Donautal bei Beuron. Schon nach den ersten Kilometern sind wir abgebogen, Strada
del Vino war auf ein Holzschild gepinselt. Plötzlich stehen wir auf dem Hof eines
bäuerlichen Anwesens. Hier soll ein Weinverkauf stattfinden? Na, gut! Der Herr
des Hauses schickt uns seinen Sohn, der nimmt uns mit zur eigentlichen
Kellerei. Unversehens finden wir uns morgens um 11 Uhr bei einer Weinverkostung
mit Weißbrot, preisgekröntem Olivenöl und regionalen Weinen wieder, garniert
mit einem interessanten Gespräch, der Sohn spricht deutsch. Bevor uns weiter
eingeschenkt wird, entscheiden wir uns für die hiesige Rebe Malvazija Istarska
und einen Teran Rosé, zwei feine Sommerweine.
Weingut Gerzinic´, Vizinada. www.gerzinic.com
Wir kommen nicht weit, zur Mittagessenszeit lassen wir uns
wieder auf ungeplante Wege führen. Ein hohes Felsportal verspricht eine dramatische
Landschaft dahinter, das Hinweisschild Konoba Eleni, verheißt istrische Küche.
Wir folgen. Kurz nach der Abbiegung taucht ein morbides, scheinbar verlassenes
Hotelanwesen auf, eigentlich Zeit umzukehren, ich nötige Frank, weiter zu fahren,
vielleicht kommt da noch was…. ?
Ein paar hundert Meter weiter nach rechts ein Schild Konoba Dolina,
das von der Straße etwas zurück gesetzte Haus wirkt auf den ersten Blick wie
ein Wohnhaus mit Balkon über die gesamte Frontseite. Auf den zweiten Blick
sehen wir jede Menge Leute auf einer Terrasse und einen Parkplatz voll mit
überwiegend einheimischen Autos. Vielversprechend! Das Näschen hat nicht
getrogen, wir werden belohnt mit einer authentischen Atmosphäre, nur
Eingeweihte und große Glückskinder finden hier hin. Eine grooooße Salatschüssel
für uns Beide und zwei kaum kleinere Schüsseln mit Pasta und schwarzen
Trüffeln, sämtliche Geigen des Feinschmeckerhimmels musizieren für uns.
Abgerundet wird mein Mahl – Frank schwenkt
die weiße Fahne – mit einer Panna cotta, Spezialeffekt des Hauses, modelliert
als zierliches Frauenbrüstchen. Die Geigen schwingen sich in unerwartete Höhen.
Sag ich doch, das Land wo Milch und Honig fließen! Zum Abschluss kommt die
Schnapsflasche auf den Tisch, Walnussgrappa selbstgemacht, all you can drink –
der Cappuccino geht aufs Haus! Wir kommen wieder, keine Frage!!!!
www.konobadolina.hr
Nin 06.-09.09.2019
Fahrt nach Nin 06.09.2019
Die Bora weht uns gen Süden, würde ich gerne schreiben,
stimmt aber nicht. Der Wind bläst ruppig von den Bergen herab, treibt
Wasserschleier über die See und bringt Schaumkronen auf dem Wasser zum Tanzen, immerhin,
er lässt uns nicht die gesamte Kraft spüren, zu der er fähig wäre. Wir fahren
an den Inseln Krk und Rab entlang, die Landschaft gegenüber des Wassers passt
gut zur stürmischen Bora, zeigt uns ihre kahlen Flanken, lebensfeindlich, fast
außerirdisch wirkt sie. Auf unserer Seite, vor allem zwischen Senj und Karlobag
zauberhafte Ausblicke, wir kurven über kleine Buchten, in denen sich Häuser in
die engen Schluchten kuscheln, vor denen Boote an schmalen Anlegern auf
aufgeregtem Wasser schaukeln.
Wie erstaunlich, wir umrunden die Bucht von Starigrad und kommen
in einer ländlichen Idylle an, wie sie auch in Niedersachsen zu Hause sein könnte.
Weiden, grüne Busch- und Baumlandschaften, eher selten kleine verschlafene
Dörfer. Nin, die alte Königstadt scheint am Ende der Welt zu liegen.
Besichtigung von Nin 07.09.2019

Nin, das alte Königreich hat einen bescheidenen Grundriss, ein von Wasser und Salzfeldern umgebenes
putziges Lagunen-Dörflein über zwei Brücken erreichbar, mit einer touristischen
Gasse, den Resten eines römischen Tempels, einst größter Tempel der adriatischen
Ostküste, und der Kathedrale des heiligen Anselm aus dem 6. Jahrhundert (nicht
zu verwechseln mit der Heiligkreuz-Kirche von Nin, die als kleinste Kathedrale
der Welt bezeichnet wird und etwas entfernt steht).
Ins schattige Gemäuer dieser bescheidenen kleinen Schwester des
Kölner Dom und der Chartreser Kathedrale haben wir uns zurückgezogen. Die
touristischen Horden bleiben hier aus, kein Koffergerappel wie auf den
Bodenplatten des Kölner Doms, keine Fremdenführer wie in Chartres. Wir sind
alleine hier, wie friedlich, wie wohltuend. Dann kommt eine ältere Frau über
die abgegrenzte Sakristei in die Kirche, scheint vertraut, steigt über das
Seil, das den Chorraum für Besucher sperrt und geht auf den rechten Seitenaltar
zu. Dort kniet sie sich nieder und stützt den Kopf auf die verschränkten Unterarme,
die sie auf das Geländer aus zwei Reihen sich zugewandter Herzen, aufgelegt hat.
Sie blickt auf zu einem vergoldeten Schrein, der vor einer gemalten
Kreuzigungsszene steht. Es hat etwas vertrauensvoll Kindliches. Lautlos bewegt sie ihre
Lippen, danach legt sie die Stirn auf die Unterarme und verharrt minutenlang
reglos. Ich fühle mich als stille Teilhaberin, scheu und dankbar in diesen
Innenraum mit eintreten zu dürfen. Ich schließe meine Augen und als ich sie nach
einem endlosen Moment wieder öffne, ist die Frau verschwunden.
Frühstück auf unserem Balkon im
Spitzdach, wir hatten wieder Glück mit der Ferienwohnung, sauber und ruhig, symphatisch spießig und
erneut zwischen den Baumwipfeln. All unsere bisherigen Bleiben waren zwischen
den Baumwipfeln. Schweigend trinken wir unseren Pulverkaffee, das Gespräch von
unten, Vater, Mutter, erwachsene Tochter flutet an uns vorüber, dann
Wortfetzen, die uns neugierig machen und uns Szenen einer Ehe belauschen lassen:
Sie (Frank und ich sind uns nicht
einig ob Mutter oder Tochter) laut und alarmiert, in kurzem Stakkato, hat offenbar
den Hörer weitergereicht:
„Den Hörer nur ans Ohr nehmen,
Walter! Nicht auf den Knopf drücken! Walter!“ (Frank hört Vater, was wiederum bei
uns zu einer Diskussion führt, wer denn nun den Walter-Vater für blöd hält.“
Walter-Vater erwidert ins Telefon:
„Ich habe gerade Anweisungen bekommen, wie ich das Telefon zu benutzen habe,
dann spricht er ungerührt weiter – Urlaubsbeschreibungen.“ Frank murmelt noch
etwas von wortgewaltigen Frauen und dass man die Klappe am seligen Ende mal
extra totschlagen müsse. Der Mann könnte einem leidtun, aber es ist sein selbstgewähltes
Schicksal!
Wir wenden uns wieder unserem
Frühstück zu und der Frage, wer von beiden nun die Wortgewaltige ist, oder sind
es etwa Beide? Wir bezichtigen uns gegenseitig als Streithansel, allerdings mit
einem leisen Lächeln. Das sind Szenen unserer Ehe! Kommt das jemandem bekannt
vor? Noch sind wir von deutschen Gesprächen begleitet, wir sind gespannt, wann das aufhört.
Fahrt nach Ston 09.09.2019
Von Nin weg geht die Strecke über
Zadar, das wir gestern Abend noch besucht hatten. Einige schöne alte Kirchen zwischen
lieblosen Blockbauten gibt es dort noch und die Meeresorgel, die die
Wellengeräusche in Musik verwandelt. Wir waren am gestrigen Abend enttäuscht, die
Anfahrt zum Stadtkern über einen unfreundlichen Vorstadtgürtel. Auch heute sind
wir abgestoßen, von der lieblos zersiedelten Landschaft um Zadar herum, kein
Ort an dem wir länger blieben wollten. Wir fahren wiederum am Meer entlang,
über Biograd Richtung Sibenik. Wenig Verkehr, einige Autocamps unterwegs, die
auf Stellen hinweisen, wo ein schöner Strand zu finden ist, nichts Außergewöhnliches.
Die Anfahrt auf Trogir in vielen Kehren den Berg hinunter, beschert uns
wunderschöne Ausblicke. Trogir liegt unter uns in einer unruhig gestalteten
Meereslandschaft. Die Stadt selbst soll auch einen Besuch wert sein, doch uns
zieht es weiter.
An Split vorbei, auch dort die
Altstadt sehenswert, doch das wiederum weithin zersiedelte unfreundliche Umland
kann uns nicht verlocken zu bleiben. Weiter unten vor Markarska versöhnt uns
eine wunderschöne, grüne Küstenlinie zwischen karstigen – nicht garstigen –
Bergen mit dem Vorangegangenen. Jede Kurve bringt ein neues Fotomotiv. Die nach
Markarska folgenden kleinen Küstenorte bieten sich für eine
Zwischenübernachtung in romantischer Umgebung an.
Die Überraschung folgt aber,
kurz vor dem bosnien-herzegowinischen Korridor, ca. 10-15 km breit, den wir vor
unserem nächsten Etappenziel Ston noch überwinden müssen. Die Straße führt von
der Küste weg und unsere Wehmut ist schnell wie weggeblasen, wir haben die
schroffen Berge hinter uns gelassen und befinden uns auf der kurvigen Abfahrt
durch weiche, grüne Hügel, die den Blick auf eine Reihe von Seen eröffnet. Es sind
7 Süßwasserseen in der Nähe von Opuzen, ein Vogel- und Fischparadies.
Diese
Fruchtbarkeit zieht sich weiter fort in eine, von Kanälen durchzogene und mit grünen,
schachbrettartig angelegten Obst- und Gemüsefeldern gegliederte Ebene, der
Draufblick ist wunderschön, wir fühlen uns erinnert an eine Hochebene in der
Nähe der stymphalischen Seen auf der Zentralpeloponnes. Wir sind im Neretva-Delta
angekommen, auch im September noch ein kraftvoll fließender Strom, der in
unzähligen Nebenarmen ungestörte Rückzugsräume für die vielfältige Pflanzen-
und Tierwelt schafft. Hier sollte man bleiben, doch wir haben unsere Unterkunft
heute Morgen schon bei booking.com gebucht, nahe dem Fähranleger zur Insel
Mljet, ein weiteres Naturparadies!
Insel Mljet 10.09.-12.09.2019
Wir nehmen die zweite Fähre des Tages, um
10.15, 45 Minuten dauert die Überfahrt. Eine Autoschlange entrollt sich von der Fähre und zieht sich über die schmale Straße Richtung Naturschutzgebiet. Mljet gilt als grünste der kroatischen Inseln, wir können das nur bestätigen mit einer Vielfalt an Schmetterlingen, die vor allem größer sind, als die, die wir aus Deutschland kennen. Der Naturschutzpark umfasst zwei ehemalige Süßwasserseen, wir werden ihn übermorgen besuchen. Jetzt machen wir uns auf zu einer kleinen Ansiedlung im Nordwesten von Mljet, die Insel hat übrigens eine Länge von 37 km, ist etwa 3,2 km breit und viel bergiger als wir sie uns vorgestellt hatten. Der Legende nach wurde Odysseus auf Ogygia (Mljet) sieben Jahre von Kalypso, der Göttin der Schönheit, Ruhe und des Friedens, die sich in ihn verliebt, hatte festgehalten. Wir sind in einem kleinen Paradies angekommen, ob es uns wieder los lässt....?
Insel Mljet, 11.09.2019 heulendes Elend....
Die erfreuliche Nachricht des
Tages ist, dass wir noch 200 Euro mehr in der Reisekasse haben, als wir
dachten. Ansonsten gibt es nichts Erfreuliches, aber der Tag ist ja noch jung. Heute
Morgen wurde uns das für die kommenden zwei Nächte in Aussicht gestellte Appartement
wieder entzogen. Eine kurzfristige Buchung von Booking.com Gästen hat Vorrang vor
uns, die wir gestern auf gut Glück vor der Tür gestanden und immerhin ein Zimmer
für eine Nacht bekommen hatten. Es lebe die prätelefonische Zeit!
Apropos Aussicht, die Leute hier
lassen einen ja nicht hängen, uns wurde ein Appartement 100 m unterhalb der
Pansion Radulj vermittelt, am kleinen Hafen, der gleichzeitig als Dorf-Pool
fungiert. Das Appartement ist großzügiger
und billiger als in unserer ersten Bleibe und direkt am Wasser. Eigentlich gar nicht so schlecht, aber wir haben
beschlossen, dass wir heute stinkig sein wollen. Genauso wie das Appartement,
es stinkt ziemlich nach scharfen Putzmitteln. Ist doch ein gutes Zeichen, hier
wird noch ordentlich mit Chlor geputzt!
Doof, doof, doof! So wollten wir
es doch, völlig entspannt auf dem romantischen Eiland Mljet, sogar die schöne
Pansion Radulj hatte ich höchst sorgfältig ausgewählt! Und jetzt diese Sch….laune!
Woran liegt‘s? Dass sich das paradiesische Gefühl der Freiheit, in das des
Eingesperrt seins, in ein zugegebenermaßen traumschönes Naturgefängnis, wandelt?!
Wie das? Nun, der einzige
Zufahrtsweg nach Kozarica ist ein einspuriges Wahnsinnssträßchen oben am Berg über
teils senkrecht abfallenden Felswänden. Nach gemeinsamer Beschlusslage ist es nur
noch ein einziges Mal zu befahren, und zwar zum Zweck unserer Abreise. Hier
unten, wer hätte es gedacht? gibt es sieben, acht Häuser, weder einen Geldautomaten,
noch ein Einkaufslädchen, in unserer neuen Bleibe auch kein Internet (wo wir
heute zu Schulbeginn, doch den Blog hochladen wollten…)
Wir ziehen uns vor dem Putzgestank
auf den hübschen Balkon zurück. Von Wein umrankt, überm Wasser, hält ein ganzes
Wespenvolk ein Traubenfestmahl. Wir bewegen uns vorsichtig, damit nicht ein Wespen-Späher
uns als Feinde identifiziert und aus dem Festmahl ein Gemetzel wird. Die
Trauben scheinen schon einen gewissen Gärgrad erreicht zu haben und so bringen
uns die angetrunken wirkenden Wespen auf die Idee, es ihnen mit der zweiten in
Istrien gekauften Weinflasche gleichzutun. Darauf ein hoffnungsfrohes Prost!
Schon geht’s uns etwas besser. Das Schlimmste abgewendet. Heute Morgen hatte
der Kassensturz des Sicherheitsgeldbeutels noch genau 75 Euro ergeben. Genug für
eine Nacht im neuen Appartement und ein bescheidenes Dinner in der Pansion
Radulj (1 x Spaghetti für Zwei mit Gemüse, Salat und Wasser), allerdings in der
falschen Währung, hier wird in Kuna bezahlt. Nach dem Fund der längst in
Vergessenheit geratenen, gut beim Schwimmzeug versteckten und gottseidank noch nicht
die Adria hinuntergeschwommen Reisekasse, und der Auskunft, dass wir auch in
Euro bezahlen dürfen, sieht die Welt schon anders aus. Wir erkennen mal wieder
die Vorteile unserer europäischen Union, lang lebe sie!!!
Frank ist plötzlich mopsfidel, am
Wein kann es noch nicht liegen und ich spekuliere nach einem Mittagsschläfchen
auf ein Badevergnügen in der kleinen, versteckten Bucht, jenseits des Hafenspools.
Der Tag könnte doch noch ganz gut werden. Ein Glückskäfer läuft auch schon über
die Computertastatur…
Es ist sehr interessant, ein neues Leben zu entdecken. Wir freuen uns, dass ihr eine schöne Erfahrung haben und wünschen euch ein gutes Abenteuer zu erleben. Es ist immer schön von euch zu hören, und Dankeschön.
AntwortenLöschenHallo ihr zwei Tollen,
AntwortenLöschenEs klingt ganz wunderbar nach Reisen bei euch. Mit den mir altbekannten Höhen und Tiefen. Ist es nicht herrlich?
Weiter so. Und immerzu genießen auch wenn Les mal gahz doof, doof, doof ist �� Viele liebe Grüße von Lena ��