Freitag, 27. September 2019

Albanien live


Sterneküche und schlaflose Nächte

Albanien zeigt sich uns auf den ersten Blick liebenswert und abstoßend zugleich.
Der Grenzübertritt ist vollkommen unkompliziert, nach kaum 10 Minuten Wartezeit und nur einem Grenzposten sind wir in dem Land, das uns am meisten anzieht auf unserer Tour und uns aber auch am meisten Sorge bereitet. Zu viel hört man in Gesprächen über Kriminalität und schlechte Lebensverhältnisse. Gleichzeitig haben wir liebe albanische Freunde und im Reiseführer von wunderbaren Landschaften gelesen. Wir sind gespannt.
Das Wetter ist trübe, doch unser erstes Ziel ist wetterunabhängig. Das Mrizi i zavane  ist nicht weit hinter der montenegrinischen Grenze. Es gilt als eines der besten Restaurants in Albanien, ein Menü hier ist mit ca. 15 Euro sehr erschwinglich. Ein paar Kilometer von der Hauptstraße entfernt finden wir das alte Gehöft, das von den Prenga-Brüdern mit viel Gespür renoviert wurde. Draußen empfangen uns die noch nichts von ihrem Schicksal ahnenden Ziegen und Gänse in ihrem großzügigen Terrain, drinnen tolles Essen in Bio- und Slowfood-Qualität mit Tischmusik. Ein Ort der zum Wiederkommen einlädt.



Zwei weitere lohnenswerte Sterneküchen sind
http://rapsodia.al/ (hier hat uns leider das Wetter einen Streich gespielt)
Uka Farm facebook (Tirana, nicht weit vom Flughafen, die Türen blieben verschlossen, als wir dort essen wollten)
Nach dem sehr leckeren, deftig-feinen Essen geht es weiter zu unserem Domizil am Meer, ungefähr 15 km vom Hauptort Lezha entfernt. Unser Navi leistet gute Dienste, denn das Apart-Hotel bestehend aus zweigeschössigen kleinen Häuschen, liegt versteckt, direkt an ein Naturreservat angrenzend. Auf dem Weg dorthin sehen wir eine Frau über die Straße laufen und einen Karton über die Böschung in den Kanal werfen. So also sieht Abfallverwertung hierzulande aus…! Immerhin das Versprechen des Hotels lautet Abgeschiedenheit und Ursprünglichkeit, nur ein Laubengang soll uns vom Strand trennen. Mit unserer Ankunft beginnt es zu regnen, wir sind die einzigen Gäste. Das Restaurant habe geschlossen, informiert uns der junge Verwalter des Anwesens. Nicht weiter schlimm, wir haben ja gut gespeist und noch etwas Obst, Wasser und trockenes Brot. Und ob es uns etwas ausmache, wenn der Handwerker mit der Bohrmaschine noch eine Stunde arbeiten würde. Das schon eher, aber wir sind genügsame Gäste, froh, eine Unterkunft zu haben. „Nein, natürlich nicht,“ nuscheln wir schmallippig. Direkt unter uns werden die Fliesen aus dem Badezimmer entfernt, nach 1 ½ Stunden hört der nervende Lärm auf. Ohne Regen hätten wir an den Strand fliehen können! Es seien dort noch ein paar Restaurants offen, hatte der junge Mann gemeint, auf der Suche danach, könne man auch mit dem Auto am Strand entlangfahren. Wir stutzen. Mit dem Auto am Strand entlang? OK!!!!
Endlich, eine Regenpause! Wir nutzen sie für einen Besichtigungsgang. An sich ein schöner, langer Strandabschnitt, perfekt für ausgiebige Spaziergänge, wäre er nicht so vermüllt, vor allem dort, wo das sogenannte Naturschutzgebiet ist und keine Hotels und die eben doch geschlossenen Restaurants sind.
Kaum zurück überfällt uns die Dunkelheit und trotz fürstlichem Mittagessen beginnt der Magen zu knurren, also Zeit für unseren Stehgreifimbiss. Der Regen nimmt zu und ein starker Wind kommt auf. Es zerrt und scheppert ums Haus. Inzwischen hat sich noch ein Motorradfahrer-Pärchen in unsere Kartause verirrt.
Gegen zweiundzwanzig Uhr hat sich der Wind zu einem ausgewachsenen Sturm entwickelt. Zwei, drei Mal fällt kurzzeitig der Strom aus, wir ahnen Schlimmes, und dann passiert es, er ist vollkommen weg. Im Dunkeln wirken die Elemente noch gefährlicher. Ich habe Jack Nicholson mit seiner Axt im einsamen Hotel vor Augen und versichere mich, dass die Tür wirklich abgeschlossen ist. Hier halten mich keine zehn Pferde, morgen wird die Location gewechselt, wenn wir den Sonnenaufgang noch erleben!
In der Früh ist der Spuk vorbei, der Himmel ist sauber gewischt und strahlt in blauestem Blau um uns zu beeindrucken. Pech gehabt, wir sind schon angepisst und das Frühstück hat auch nicht das Zeug zur Wiedergutmachung! Wir bekommen kalte Spiegeleier und auch kalte Würstchen, Tomaten, Gurken und trockenes Brot. Gut, dass wir nur eine Nacht gebucht hatten. Auch der junge Mann scheint dankbar, uns wieder loszuwerden, damit der Bohrer ungestört weiter bohren kann. Im Sommer, nicht so einsam und verlassen, ohne Jack Nicholson Phantasien mag es hier ja ganz schön sein….



Nikolas hat als nächstes Tourziel das Kap Rondon ausgesucht. Dieses Mal buchen wir nichts vor, sondern versuchen es direkt vor Ort, eine Überraschung hat uns gereicht. Nach mehr als der halben Wegstrecke auf dem Kap, kommen wir zu einem Dorf am Meer mit einem offensichtlich bewirtschafteten Strand. Unsere Überraschung ist groß, als wir uns in einem parkähnlichen Gelände wiederfinden, zwischen den Palmen  gibt es Bambusschirme, Diwans, Hängesessel – und ein schönes Freiluftrestaurant. Perfekt!



Die anschließende Suche nach einer Übernachtungsmöglichkeit krönt den erfolgreichen Tag. Heute haben wir ein glückliches Händchen. In dieser Ferienanlage, sind wir nicht mehr die Einzigen, um uns gibt es noch eine handvoll weitere Gäste. Unsere Wohnung ist überaus großzügig und elegant, ungefähr zum halben Preis den wir bei booking.com dafür bezahlt hätten.


Eine beeindruckende Bilanz!
19.-26.09.2019: 7 Nächte
Von 7 Nächten, die wir in Albanien verbracht haben, war die erste eine Sturmnacht, dann folgten zwei Erdbebennächte, an denen wir durch das Beben aufwachten (wobei das Hauptbeben, das stärkste seit 30 Jahren am 22.09. nachmittags gegen 16 Uhr stattfand), eine Gewitternacht, mit einem Blitzmarathon und Monsunregen, wiederum eine Erdbebennacht (dieses Mal in Tirana am Flughafen) und die letzte Nacht wieder eine heftige Gewitternacht. Immer begleitet vom obligatorischen Stromausfall. Es wäre schön, wieder einmal gut zu schlafen! Vielleicht klappt es ja in der heutigen Nacht.

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