Donnerstag, 3. Oktober 2019

Mit Siebenmeilenstiefeln über albanische Lagunen

Unsere Reise entwickelt sich, ohne dass es so geplant gewesen wäre, zum Lagunen-Hopping. Nachdem wir Nikolas am 25.09. in Tirana am Flughafen abgesetzt haben, besuchen wir drei Lagunen in Albanien, die recht unterschiedliche Eindrücke bei uns hinterlassen.

Die Lagune von Karavasta 25.09.-27.09.19

Ein weiteres Natur-Highlight ist die Lagune von Karavasta. Ein stilles Biotop mit einer beeindruckenden Artenvielfalt. Mit 45 km² ist sie die größte Küstenlagune Albaniens, ihre maximale Tiefe beträgt nur 1,3 m. Seit 1994 ist sie Vogelschutzgebiet, 2008 wurde sie gemäß Berner Konvention zum Smaragdgebiet erklärt. Die junge Frau, die uns die Bootsfahrtkarte verkauft (2 Personen, 45 Min., 8 Euro) erzählt, dass es immer wieder Bestrebungen gibt, die Lagune zu vereinnahmen, durch die Planung eines nahegelegenen Flughafens, oder eines Mega-Ressorts. Bisher konnte dies alles abgewendet werden, dieses Gebiet ist nach ihrer Aussage noch bis 2049 geschützt. Wir erleben hier ein Fleckchen wunderbarer Natur und Stille. Vor einem Jahr wurde ein Aussichtsturm gebaut, von oben betrachtet blickt man über die Lagune hinweg auf Sanddünen, die sie vom Meer trennen, Auwälder und Pinienhaine.



Gezeigt haben sich uns der flügellahme Johnny und sein Pelikankompagnon, sie wohnen beim Infozentrum neben dem im letzten Jahr erbauten Aussichtsturm. Über Holzstege kann man ein Stück des Waldes erkunden. Schildkröten tummeln sich im sumpfigen Waldgrund, auf dem Pfad zum Strand liegt eine Schlange, von der wir nicht wissen, wie verteidigungsfreudig und giftig sie ist.  Wir entscheiden uns für den geordneten Rückzug. Als wir mit einem Parkmitarbeiter sprechen, erfahren wir einiges über die allgemeine Situation, die sich seiner Ansicht nach ganz allmählich in Albanien verbessert. Auch er erzählt uns über die Lage im Park. Neben dem offiziellen Schutzstatus gibt es vor Ort eine Initiative, die sich der intensiven Vermarktung des Naturschutzgebietes entgegenstellt. Im nahegelegenen Divjaka hat sich ein Verein der Zimmer- und Ferienhausvermieter gegründet. Wir finden ein Appartement bei einem alten Ehepaar und wohnen ländlich und, soweit es die Sprachbarriere zulässt, mit Familienanschluss. Zum Willkommen werden wir mit Basilikumstängeln und Erdnüssen beschenkt, von denen wir jetzt auch wissen, wie sie wachsen, nämlich wie kleine Kartoffeln. Zum Abschied werden wir noch zwei Granatäpfel in die Hand gedrückt bekommen und die Hand zum Abschiedsgruß erhoben, bis wir um die nächste Ecke biegen. 






Über einen abenteuerlichen Steg gelangt man auf eine Nehrung, auf der sich im Sommer das Strandleben abspielt mit Strandbar, Liegen und strohgedeckten Sonnenschirmen. Jetzt wird hier aufgeräumt, wir sind völlig ungestört. Nur ein Arbeiter und weit weg auf dem wackeligen Steg drei, vier Fischer, die mit quadratischen Netzvorrichtungen wohl vor allem nach Krebsen Ausschau halten, teilen diesen Ort mit uns.




Bei der Bootstour durch die Lagunenkanäle wirkt dieser naturbelassene Ort noch entrückter.




Die Lagune von Narta 27.09.-28.09.19

In dem kleinen Nest Zvarnec, an der Südseite der Lagune von Narta, bleiben wir nur eine Nacht. Unser Hotel mit Privatstrand, meerwärts gelegen, konfrontiert uns mit demselben Thema, das wir schon bei der Unterkunft in Lehza hatten: Ein netter Ort, aber in diesen Tagen zu einsam und abgelegen, um sich wohlzufühlen. Außer uns sind vielleicht noch vier oder fünf Gäste hier. Wir erfühlen so allmählich den Begriff „ausgestorben“. Durch unsere inzwischen erworbene Taktik, die nächste Unterkunft entweder gar nicht vorher zu buchen und wenn ja, nur für eine Nacht, sind wir jeden Tag frei zu entscheiden, ob wir längere Zeit an einem Ort verbringen. Mittlerweile hat sich eine gewisse Routine eingestellt. Wir leben aus dem Bordcase und wechseln nur aus dem „großen Sommerkoffer“ ab und zu frische Klamotten gegen Schmutzwäsche. Aus dem Auto nehmen wir außerdem nur den Fotoapparat, die Computertasche und die Medikamente mit aufs Zimmer. Es ist ruckzuck aus- und wieder eingepackt. Wir entwickeln uns zu wahren Nomaden und wir fragen uns mittlerweile, weshalb wir unser Auto so vollgeladen haben. Abschied zu nehmen fällt uns immer leichter.



Am anderen Morgen vor unserer Abreise besuchen wir noch das Highlight der Lagune von Narta. Ein altes Kloster, das auf einer kleinen Insel steht, mit einem Holzsteg ans Land angebunden.



Anfahrt zur Lagune von Butrint (Übernachtung 28.-29.09. in Himare)

Die Fahrt von Narta nach Himare gehört zum Schönsten, was wir auf der Reise bisher erlebt haben. Allerdings auf dem ersten Streckenabschnitt von Vlora bis Orikum ist die Bucht so zugebaut, dass es überhaupt nicht zu unseren bisherigen Albanieneindrücken passt. 
Danach geht die Straße bergwärts, kaum unterbrochen von Ansiedlungen schraubt sich der Llogara-Pass auf der Nordseite durch steile, grüne Berglandschaft empor zur Passhöhe, um südwärts in unzähligen Schleifen, über dem tief unten liegenden Meer und durch karstiges Gestein wieder abzufallen. Ein Muss bei jeder Albanienreise!!!!



Unser erster Zielpunkt Dhermi enttäuscht uns, das Dorf liegt am Hang unterhalb der Straße zum Meer hin. Von oben besehen, scheint es unten am Strand wenig freundliche Infrastruktur zu geben. Wir fahren hinunter bis zur zweiten Häuserreihe hinter dem Strand. Über eine Huppelpiste geht es an der Rückfront der Appartements und Restaurants vorbei, womöglich ist es auf der Vorderseite schöner, aber uns kommt die Lust abhanden, dies zu erkunden. Also entscheiden wir uns für Himare etwas südlicher gelegen als Übernächtigungsstandort. Das schon vorher ausgeschaute Hotel „sea view“, erst im Juni in Betrieb gegangen, hat noch freie Zimmer mit Blick auf Pool und Strand. Himare macht einen freundlichen Eindruck, noch keine großen Bausünden, allerdings liegt auch hier viel Müll an der Straße und manche unschön zusammen geschusterte Bretterbude steht an der Strandstraße. Nach einem fürstlichen Abendessen (lecker, allerdings musste ich im Gegensatz zu Novigrad nach den Trüffeln bei den Nudeln suchen) am Pool mit drei charmanten Kellnern sinken wir zufrieden ins Bett.  Übermorgen wird das Hotel die Saison beenden. Wir scheinen der Winterpause immer ein paar Schritte voraus zu sein!


Von Himare aus führt die Straße weiterhin mit wunderschöner Aussicht am Berg entlang und gewährt einen kurzen Blick auf Porto Palermo, den einzigen U-Boot-Hafen Albaniens. Auch hier gibt es immer wieder Dörfer, die teilweise an die steilen Hänge wie angeklebt sind. Hier würde sich eine Übernachtung an der wunderschönen, noch nicht verbauten albanischen Riviera lohnen. Nach ca. 30 km führt die Straße kurz vor Saranda ins Hinterland. Hier gäbe es die Möglichkeit, auf das nur einen Katzensprung entfernte Korfu überzusetzen, unser Ziel ist allerdings das antike Butrint. In einem Hotel, direkt am Parkeingang gibt es eine gute Übernachtungsmöglichkeit.


Lagune von Butrint (Übernachtung 29.-30.09.)

Einer Sage nach soll der Held Aeneas vor der Küste Butrints als Dank für die gelungene Flucht aus dem brennenden Troja einen Stier geopfert haben. Dieser Stier stürzte auf seiner Flucht verletzt ins Meer und schwamm an den Strand der Insel, wo er dann tot zusammenbrach. Die Einheimischen deuteten dies als Gotteszeichen und nannten die Insel fortan Butrint, was so viel bedeutet wie verwundeter Stier.
Erste Ausgrabungen oder Funde wurden auf das 8. Jahrhundert vor Chr. datiert. Überlieferungen nach war Butrint früher eine griechisch-illyrische Stadt mit Königssitz der Aiakiden. So wie die Zeit ihren Lauf nahm, so kamen und gingen auf der Insel auch die Herrscher und Stämme. Das Römische Reich von 167 v. Chr. Setzte aber mit vielen Bauten ein zeitübergreifendes Zeichen. Mit der Invasion der Slaven im 8. Jahrundert n. Chr. war dann auch die Blütezeit von Butrint endgültig vorbei. Venezianer herrschten mit Unterbrechungen und auch die Osmanen hielten für eine kurze Zeit das Sagen über die Insel in der Hand.
Entnommen aus www.weltkulturerbe.com

Zufällig haben wir mit der Anreise nach Butrint am 28.10. die „europäischen Tage des Kulturerbes“ getroffen. So kommen wir, die wir uns abends noch ein bisschen vor der antiken Stadt umsehen wollten, schon am Sonntag bei freiem Eintritt auf das Gelände und können uns einen Überblick verschaffen. Am nächsten Vormittag stehen wir um 9 Uhr vor der Pforte, bereit für einen entspannten Gang durch eine der am besten erhalten antiken Stätten im Mittelmeerraum. Es ist noch schattig und die Touristenbusse sind auch noch nicht da. Wir haben die atmosphärische antike Siedlung, die malerisch und gut erhalten auf einer Halbinsel in der Lagune von Butrint liegt, fast für uns allein.  Ein besonderer Ort, der nur empfohlen werden kann!





Für Sommer-Sonnen-Urlaubs-Feeling finden wir Ksamil zwischen Saranda und Butrint gelegen, ganz wunderbar, allerdings nicht in der Hochsaison. Mit mehr Zeit, hätten wir uns unbedingt hier nach einem Zimmer umgesehen.



Doch heute soll es schon über die Grenze nach Griechenland gehen. Wir haben die Zagori-Dörfer im Visier.

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