Samstag, 3. September 2011

Im Haus der Dona Elides

Es sind nur eine Quer- und eine Längsgasse, die das winzige Bergdorf Conceicao dos Gatos (Empfängnis der Katzen)  durchziehen. Dort wo die Quergasse auf die Längsgasse trifft, steht die kleine Kirche des Ortes, die von einigen Frauen betreut und instand gehalten wird. Sie ist lustigerweise der Maria der unbefleckten Empfängnis geweiht. Allerdings hat der Pfarrer bei der Einsegnung die Marienstatue kurzerhand entführt und eine neue Madonna musste das Gotteshaus beziehen.

Es mögen vielleicht hundert oder zweihundert Menschen hier leben. Die meisten Jungen sind gegangen, auf der Suche nach Arbeit und Auskommen in den größeren Städten, geblieben sind die Alten und einige Kinder, die von ihren Großeltern erzogen werden. André ist auch eines dieser Kinder. André war der "Scout" von Frank und Nikolas, als sie mit dem Auto in dem kleinen Ort ankamen, während wir noch im Busch unterwegs waren. Er brachte sie ins Haus von Dona Elides. André mag vielleicht 10 Jahre alt sein. Später erfuhren wir über ihn, dass sein Vater die Familie verlassen hatte und die Mutter gestorben ist. Nun lebt er bei einer Tante und kommt immer wieder zu den Enkeln von Dona Elides, um mit ihnen Fussball zu spielen, sie besitzen den einzigen Fussball im Dorf. Von Salvador aus werden wir ihm noch einen Ball per Post schicken, den wir als Geschenk für die Waisenkinder von Marina im Gepäck hatten. Nun wird er umgewidmet, für ein elternloses Kind in den Bergen der Chapada Diamantina. Wir hoffen, André einen Glücksmoment bescheren zu können, wenn er das unerwartete Päckchen mit der beigelegten, feinen, eng beschriebenen europäischen Karte öffnet.... .

Dona Elides und Seu Messias sind die "großen Eltern" in unserem "Gasthaus". Elides ist 75 Jahre alt, hat 16 Kinder geboren, von denen 10 am Leben geblieben sind und ist trotz ihrer kleinen, schmalen Gestalt die "große Mutter" des Hauses, eine echte Matriarchin. ArDaga sagt von ihr, dass sie immer umher flirrt wie ein Kolibri, selten einmal, dass man sie irgendwo sitzen sieht. Messias ist ruhig und freundlich. Morgens ist er der erste der aufsteht, um vier Uhr kocht er sich Kaffee. Dadurch, dass die Wände nicht bis unters Dach gemauert sind und so jeder Raum mit den anderen verbunden ist, zieht noch weit in der Dunkelheit, vor den ersten Hahnenschreien, Messias' Kaffeeduft durchs ganze Haus. Danach geht er mit seinem Esel auf die Weide und ist wieder da, als wir um sieben den Garten durchstreifen, um nach den Vögeln Ausschau zu halten, die uns ein Morgenkonzert voller Klangfarben dargebracht haben. Stolz zeigt er uns all die Früchte und Tiere, die sich in seinem Garten aufhalten.

Wir sind in dieser Familie "mittendrin", jedes Wort ist zu hören, wenn auch nicht zu verstehen, jeden Lichtschein sieht man und durch die offene Bauweise. Auch die Ziegel sind nur auf eine Holzlattung aufgelegt und so hört man auch von draußen jedes Geräusch. Es wird hier früh zu Bett gegangen, nur noch ein, zwei Cachaca beim freundlichen, zahnlosen Wirt nebenan und wir sinken in unsere Betten. Die Geräusche, drinnen wie draußen werden allmählich leiser und führen in die Nacht, genauso wie sie am Morgen, angeführt von den ersten Hahnenschreien, noch in völliger Dunkelheit wieder aus den Träumen locken.

Auch hier, bei Dona Elides werden wir aufs Beste bewirtet. Zwei ihrer Töchter sind angereist um ihrer Mutter bei unserer Bewirtung zu helfen. Wir haben während unserer gesamten Reise viele gute Restaurants gesehen, lecker gegessen, doch nichts lässt sich damit vergleichen, bei Dona Elides am großen Esstisch in der Küche von all den Köstlichkeiten zu speisen, die sie in überreicher Menge für uns gekocht hat. Diese Bilder und ihren Segen werden wir in einem ganz tiefen Winkel unseres Herzens aufbewahren.





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