Zagoria-Dörfer und Vikosschlucht 30.09.-02.10.19
Dörfer, dem Himmel nah und in der Tiefe ein Höllenschlund
45 Dörfer eingebettet in die waldreiche,
unberührte Berglandschaft des Epirus – das ist die Zagoriaregion. Durch schroffe
Berge abgeschirmt, war die Bevölkerung ganz im Nordwesten Griechenlands, im
Grenzbereich zu Albanien, lange Zeit großer Armut ausgesetzt. Dies führte dazu,
dass viele Einwohner auswanderten und die Dörfer anschließend durch Spenden der
wohlhabenden Auswanderer prosperierten. Die Architektur aus Holz und Stein der
Region verbindet sich in eigentümlicher Weise mit der Landschaft. Berühmt sind
auch die Bogenbrücken der Zagoria, die wir leider – noch – nicht gesehen haben.
Unser Hotel in Vitsa ist eines der
bezaubernden, alten Herrenhäuser, mit viel Gespür eingerichtet und einem für
die hiesige Region üblichen Steindach. Davor, auf dem Platz mit der knorrigen,
jahrhunderte alten Platane, gibt es ein paar Tische mit Stühlen. Sie laden dazu
ein, sich eine der hiesigen Spezialitäten schmecken zu lassen und dabei den
Blick über die „Oberstadt“ von Vitsa hinüber zur Vikosschlucht schweifen zu
lassen. Bekannt ist die Region für ihre Pilzgerichte und die Aromen der wilden
Gemüse und Bergkräuter. Das Restaurant "kanela&garifallo" (übersetzt Zimt & Nelke) in der Nachbarschaft ist,
was der Name nicht ahnen lässt, ein Spezialitäten-Restaurant, in dem sich alles
um Pilzgerichte dreht. Wir entscheiden uns für verschiedene Starters um
möglichst viele der eigenwilligen Kompositionen kosten zu können, z.B. Pilzcappuccino
– ein Süppchen in der Tasse, mit aufgeschäumter Sahne, ein Gedicht!
Schon nach der albanisch-griechischen
Grenze hatten wir das Gefühl in unserer Heimat auf Zeit angekommen zu sein.
Griechische Buchstaben, vor wenigen Jahren noch ein Buch mit sieben Siegeln und
vertraute griechische Töne. Und doch, die Zagori-Region ist nochmals ein ganz
anderes Griechenland, als das der Peleponnes, das uns schon so vertraut ist.
Die Gegend trägt das Siegel unwirtlicher Winter; nicht nur die aus Natursteinen
gebauten Häuser zeugen davon, die Innenräume sind mit Kamin und viel Holz
ausgestattet, und kleinen Fenstern – es muss hier sehr kalt werden! Hier sind
dramatische Schluchten zu finden, anmutige Felsketten und unberührte Wälder.
Schade, dass wir nur zwei
Übernachtungen haben. In drei Tagen wird eine Starkregenfront erwartet und die
möchten wir, nach meinen Erfahrungen auf der Peloponnes, nicht in den Bergen
verbringen. So werden auch die weiter östlich gelegenen Meteora-Klöster von
unserem aktuellen Reiseplan gestrichen.
Vikos-Schlucht
Laut Guinessbuch der Rekorde ist
die Vikosschlucht, gemessen am Höhen- zum Breitenverhältnis, die tiefste
Schlucht der Welt. Nachdem wir schon bei der Taraschlucht das Vergnügen hatten,
die tiefste Schlucht Europas zu bestaunen und wir uns gefragt haben, wie das
zusammengeht, nun also zur tiefsten Schlucht der Welt. Vom nur ca. 5 km
entfernten Dorf Monodendri gelangt man über einen Weg in 15 – 20 Minuten zu
einem Kloster , von wo aus man einen überaus eindrucksvollen Blick in die
Vikosschlucht haben soll. Monodendri heißt
übersetzt „einzelner Baum“, ich hatte dentro mit donti verwechselt und für mich
war klar, die Ortschaft heißt „nur ein Zahn“, was ich viel lustiger finde, wir werden wohl bei der etwas phantasievolleren
Übersetzung bleiben.
Auf unserem kurzen Fußmarsch zum Monastiri
Agia Paraskevi, bleiben wir noch im örtlichen Museum bei einer Ausstellung von
Fred Boissonnas hängen – schwarzweiß Fotografien von griechischen Landschaften
und Menschen Anfang des 20. Jahrhunderts. Zwei eindrückliche Poster wandern in
unseren Rucksack, sie werden die nächsten Monate unsere Wohnung schmücken.
Vom Monastiri aus hat man
tatsächlich einen grandiosen Blick in die Schlucht, die an dieser Stelle wie
ein Dreiangel wirkt und tatsächlich den Eindruck erweckt, in einen
Höllenschlund zu blicken. Allerdings dachten die früheren Menschen bei diesem
Anblick nicht an die Pforte des Teufels, vielmehr an einen Eingang des Hades.
Auf unserer Reise werden wir noch weitere solcher Einlässe finden…. ! Noch
heute wirkt die Landschaft völlig unberührt. So kann es sein, dass dies hier
auch als Rückzugsgebiet für gefährdete Tierarten gilt, hier gibt es noch Bären,
Wölfe, Adler und Geier und eine der letzten Herden Wildpferde in Europa. Das
Kloster scheint nicht mehr von Nonnen bewohnt, nur eine in Serie Ikonen produzierende,
nicht sehr zugängliche Verkäuferin betreut das für jedes Kloster übliche
Klosterlädchen. Ich frage mich, was der ständige Anblick dieser Grandiosität
mit den Menschen gemacht hat, kann man sich daran gewöhnen, oder kommt man sich
vor wie eine Ameise und wird jeden Tag erneut auf die eigene Bedeutungslosigkeit
hingewiesen?!
Unsere Fahrt geht weiter über den
steinernen Wald, hier ist das Material zu finden, womit in den Dörfern die Häusdächer
belegt werden. Die einzelnen Gesteinstürme lassen einen Irrgarten entstehen,
dessen verschlungene Wege schnell eine gewisse Orientierungslosigkeit aufkommen
lassen.
Die Straße endet beim nächsten atemberaubenden
Schluchtenblick. Ein breiter Pfad führt zur ummauerten Aussichtskanzel, weiter
geht er schmal am Fels entlang, mit einem Schild
„begehen auf eigene Gefahr“, nein danke, das Abenteuer hat doch gerade erst begonnen… !
„begehen auf eigene Gefahr“, nein danke, das Abenteuer hat doch gerade erst begonnen… !
Unser Hotel: www.vezitsa-zagori.com
Das Pilzrestaurant: www.kanela-garyfallo.gr
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