Samstag, 26. Oktober 2019

Parga und die Begegnung mit dem Hades


Parga 02.-05.10.2019

Fluchtpunkt Parga – absolut keine Notlösung!

Der kleine Ort Parga ist ein wahres Bilderbuchdorf. Bis vor 40 Jahren noch ein verträumtes Fischerdorf, hat der Tourismus Einzug gehalten. In der langgezogenen Bucht unterhalb einer mittelalterlichen Burg, gibt es zahllose Geschäfte, Restaurants und Ouzo-Bars, trotzdem hat der Ort seinen Charme nicht verloren. Es zahlt sich aus, dass wir darauf verzichtet haben, ein Zimmer vorzubuchen. So sitzen wir an der Promenade bei einer verspäteten Mahlzeit und fragen den Kellner nach Übernachtungsmöglichkeiten. Er nennt uns Petros Penthouse. Wir könnten ein Appartement bekommen, allerdings nur mit Blick in die Dunkelheit der nächsten Gasse. Nein danke! Die nächsten zwei Tage sollen überaus regnerisch werden, die Ödnis einer dunklen Mauerwand könnte uns in eine mittelschwere Depression stürzen. Nebenan im Hotel Acrothea bekommen wir noch eines der „Dachzimmer“–  die Aussicht über das in die Bucht geschmiegte Städtchen und die beiden kleinen nur wenige Meter entfernten kleinen Inseln. Der endlose Traumblick übers Meer, bei gutem Wetter bis zu den Inseln Paxos und Antipaxos, ist phänomenal. Er wird uns helfen die Regenzeit zu überstehen. Im Laufe der Tage werden wir die Gewitter am Himmel entlang jagen sehen und es wird uns nichts ausmachen, erneut Nächte von unzähligen Blitzen erleuchtet und sintflutartige Regenmassen zu erleben.




Nekyomanteion am Acheron
Dieser Ort hat uns fasziniert, deshalb zitiere ich Einiges aus
DAS NEKYOMANTEION AM ACHERON – SORIRIOS DAKARIS
„Am Nordufer des Flusses Acheron im westlichen Epiros im Verwaltungsbezirk Preveza lag in der Antike ein Totenorakel, ein Nekyomanteion. Diese heilige Stätte gehörte Thesprotien, in dem die Thesproter siedelten, die sich als einer der ersten griechischen Stämme um 2000 v.Ch. im Epiros niederließen und dort ein großes Gebiet beherrschten.“… „Die Menschen der Antike hielten Erdspalten, tiefe Schluchten und Höhlen für Eingänge in die Unterwelt, ins Reich der Toten. Die Seelen sahen aus wie Schatten, wie schemenhafte Bilder der Verstorbenen. Da sie von ihrer sterblichen Hülle befreit waren, hatten sie übermenschliche Fähigkeiten und konnten die Zukunft voraussehen. Sie waren aber ihrer selbst nicht bewußt, da sie weder Fleisch noch Blut, also kein Lebenselement mehr hatten, und waren oft rachsüchtig, besonders die Seelen der Menschen, die jung oder durch Gewalt gestorben und der Lebensfreude beraubt waren. Für die Lebenden war die Begegnung mit den Toten nicht ohne Gefahr. Wenn jemand die Toten um ein Orakel bitten wollte, musste er sich durch Fasten, Waschungen und Beten seelisch und körperlich vorbereiten und die Seelen der Verstorbenen mit Trankspenden günstig stimmen, mit Honig, Milch, Wein und Wasser und vor allem dem Blut von Opfertieren. Durch den Genuß dieser Spenden erwachten in den Seelen Bewußtsein, Wohlwollen und die Bereitschaft, die Zukunft vorauszusagen.“
Es ist wenig, was wir im Reiseführer über diesen Ort gelesen haben, doch wir nutzen eine Regenpause um zum Sumpf von Kalodiki zu fahren und nach Mesopotamos, um das ca. 20 km von Parga entfernte Heiligtum zu besuchen. Es liegt auf einer Anhöhe, vor einem fruchtbaren, von Wassergräben und Lachen durchsetzen Schwemmland, an dessen Meeresrand die Stadt Ammoudia liegt. Es ist das Delta des Acheron, des Flusses, über den nach volkstümlichem Glauben der Fährmann Charon die Seelen der Toten zum Eingang des Hades brachte. Allerdings nur, wenn sie zuvor ein Begräbnis erhalten hatten und ihre Überfahrt mit einer Geldmünze unter der Zunge bezahlt worden war.
Wir sind nahezu allein auf dem Ausgrabungsgelände. Ich bin überrascht, sollte es jedoch nicht sein, als ich lese, dass hier Hades gemeinsam mit Persephone sein Heiligtum hatte. Persephone, ist eine Fruchtbarkeitsgöttin wie ihre Mutter Demeter, allerdings wuchs sie in ihrem Göttinnen-Dasein durch einen Schicksalsschlag über die Mutter hinaus: der Gott Hades raubte sie und machte sie zur Herrscherin der Unterwelt. Demeter war darüber untröstlich und ließ alle Früchte und das Getreide vertrocknen. Durch ihre Macht erzwang sie bei Zeus einen Vergleich:  Persephone durfte von nun an acht Monate des Jahres als Fruchtbarkeitsgöttin bei ihrer Mutter auf der Erde sein und vier Monate war ihr Platz in der Unterwelt bei Hades. So wurde sie im Mythos zu dem, was man später auch Hagsitzerin (Hexe) nannte, sie konnte in beide Welten blicken.
Wir gelangen zuerst im Nordgang zu den beiden Inkubationsräumen, in denen die Besucher in kultischen Schlaf gelegt wurden und zum danebengelegenen Bad. Die im Führer nun beschriebenen Räume und Rituale erinnern mich an das Asklepeieon von Epidauros und mir scheint auch, als würde die neuntägige Novene und anschließende Labyrinthbegehung der späteren Pilger in der Kathedrale von Chartres an diese frühen Kulthandlungen anknüpfen. 




 „In dem undurchdringlichen Dunkel wurde der Besucher seelisch und körperlich vorbereitet. Zu essen bekam er Schweinefleisch, Saubohnen, Gerstenbrot und Meermuscheln, Speisen, die mit den Toten und dem Totenmahl zusammenhingen. Trinken durfte er Milch, Honig und Wasser. Außerdem unterzog er sich kultischen Reinigungs- und sonstigen magischen Riten. Von dem Priester der in leitete hörte er Wundergeschichten, Gebete und Zauberformeln, unverständliche Beschwörungen der unterirdischen Dämonen. Durch Bäder im anschließenden Raum sollte er gereinigt und gegen die gefährliche Begegnung mit den Geistern der Toten unverletzlich werden.
Bevor er nun den Ostgang betrat, musste er auf einen Steinhaufen zu seiner Rechten einen Stein werfen, um das Böse von sich abzuwenden. In einem großen Wasserkrug links des dritten Tores wusch er sich die Hände, eine symbolische Reinigungshandlung. Dann durfte er das Nordzimmer des Ostganges zur letzten Phase der Vorbereitung betreten. Wie lange er darin verweilte, wissen wir nicht. Sicher waren die Speisevorschriften jetzt strenger die magischen Handlungen häufiger und die seelischen und körperlichen Belastungen größer. Die innere Erregung wird sich in dieser völligen Abgeschiedenheit und Stille ständig gesteigert haben.
Als schließlich der Augenblick für die Begegnung mit den Toten gekommen war, betrat der Besucher mit den vorgeschriebenen Opfergaben, von einem Priester geleitet, den Ostgang. In einer der Opfergruben, die hier von den Ausgräbern mit verkohlten Tierknochen aufgedeckt wurden, opferte der Besucher nun ein Schaf. Darauf wurde er in das Labyrinth geleitet, einen mäanderförmigen Gang, der dem Besucher den Eindruck vermittelte, er irre die dunklen, verschlungenen Wege des Hades entlang. Das Labyrinth hatte drei Tore, ebenso viele wie die Unterwelt, mit Eisenbeschlägen und großen Eisennägeln, von denen eine Menge in den Ausgrabungen gefunden wurden.“ Im Mittelsaal wurde anscheinend das Gerstenmehl dargebracht, „am dritten und letzten Tor, …. warf der Besucher noch einen übelabwehrenden Stein und goß auf den Steinboden die Trankspenden für die Götter der Unterwelt, Aidoneus oder Hades und Persephone, die in dem unterirdischen Saal wohnten. Hatte der Besucher den Mittelsaal betreten, war er an seinem Ziel angelangt.
Auf dem Weg hierher rief der Priester, Lukian (Menippos 9ff) zufolge, ständig die Seelen der Toten, die nächtliche Hekate und die furchtbare Persephone‘ an und flicht in seine Beschwörungen fremde, bedeutungslose und vielsilbige Wörter ein. Der Mittelsaal war der Endpunkt des Weges, denn dies war der Ort, an dem die Geister der Toten erschienen und mit dem Menschen, der um ein Orakel bat, in Kontakt traten.
Allerdings war in hellenistischer Zeit (356 – 30 v.Chr.) rationales Denken weit verbreitet, und die Wissenschaften erfuhren einen starken Aufschwung. Der Glaube an den Mythos und die Religion war erschüttert. Sicher hielten viele die Erscheinung von Totengeistern für unmöglich. Lukian (Menippos 10f.) der im 2.Jh.n.Chr. lebte, verspottet dieses ganze Ritual: ´Und sogleich schwankte alles und die Erde barst vom Beschwörungsgesang (des Priesters) und von Ferne erscholl das Gebell des Kerberos, und alle Dinge waren ungeheuer trübe und düster, da schon das meiste zu sehen war, der See und der Pyriphlegethon und das Reich des Pluton´…“
DAS NEKYOMANTEION AM ACHERON – SORIRIOS DAKARIS (Professor emeritus der Universität Ioannina)

Nach diesem Ausflug in die Unterwelt und zur beeindruckenden Sumpflandschaft samt Jause im ländlichen Kafenion hält uns nichts mehr. Am nächsten Tag fahren wir ca. 450 km weiter, an Preveza vorbei, über die Brücke von Rion, auf die Peloponnes nach Palea Epidauros – unser Zuhause für die nächsten Monate!



 Ankunft in Epidauros 05.10.2019

Donnerstag, 17. Oktober 2019

Zagoria-Dörfer und Vikosschlucht  30.09.-02.10.19


Dörfer, dem Himmel nah und in der Tiefe ein Höllenschlund 

45  Dörfer eingebettet in die waldreiche, unberührte Berglandschaft des Epirus – das ist die Zagoriaregion. Durch schroffe Berge abgeschirmt, war die Bevölkerung ganz im Nordwesten Griechenlands, im Grenzbereich zu Albanien, lange Zeit großer Armut ausgesetzt. Dies führte dazu, dass viele Einwohner auswanderten und die Dörfer anschließend durch Spenden der wohlhabenden Auswanderer prosperierten. Die Architektur aus Holz und Stein der Region verbindet sich in eigentümlicher Weise mit der Landschaft. Berühmt sind auch die Bogenbrücken der Zagoria, die wir leider – noch – nicht gesehen haben.
Unser Hotel in Vitsa ist eines der bezaubernden, alten Herrenhäuser, mit viel Gespür eingerichtet und einem für die hiesige Region üblichen Steindach. Davor, auf dem Platz mit der knorrigen, jahrhunderte alten Platane, gibt es ein paar Tische mit Stühlen. Sie laden dazu ein, sich eine der hiesigen Spezialitäten schmecken zu lassen und dabei den Blick über die „Oberstadt“ von Vitsa hinüber zur Vikosschlucht schweifen zu lassen. Bekannt ist die Region für ihre Pilzgerichte und die Aromen der wilden Gemüse und  Bergkräuter. Das Restaurant "kanela&garifallo" (übersetzt Zimt & Nelke) in der Nachbarschaft ist, was der Name nicht ahnen lässt, ein Spezialitäten-Restaurant, in dem sich alles um Pilzgerichte dreht. Wir entscheiden uns für verschiedene Starters um möglichst viele der eigenwilligen Kompositionen kosten zu können, z.B. Pilzcappuccino – ein Süppchen in der Tasse, mit aufgeschäumter Sahne, ein Gedicht!
Schon nach der albanisch-griechischen Grenze hatten wir das Gefühl in unserer Heimat auf Zeit angekommen zu sein. Griechische Buchstaben, vor wenigen Jahren noch ein Buch mit sieben Siegeln und vertraute griechische Töne. Und doch, die Zagori-Region ist nochmals ein ganz anderes Griechenland, als das der Peleponnes, das uns schon so vertraut ist. Die Gegend trägt das Siegel unwirtlicher Winter; nicht nur die aus Natursteinen gebauten Häuser zeugen davon, die Innenräume sind mit Kamin und viel Holz ausgestattet, und kleinen Fenstern – es muss hier sehr kalt werden! Hier sind dramatische Schluchten zu finden, anmutige Felsketten und unberührte Wälder.
Schade, dass wir nur zwei Übernachtungen haben. In drei Tagen wird eine Starkregenfront erwartet und die möchten wir, nach meinen Erfahrungen auf der Peloponnes, nicht in den Bergen verbringen. So werden auch die weiter östlich gelegenen Meteora-Klöster von unserem aktuellen Reiseplan gestrichen.

Vikos-Schlucht

Laut Guinessbuch der Rekorde ist die Vikosschlucht, gemessen am Höhen- zum Breitenverhältnis, die tiefste Schlucht der Welt. Nachdem wir schon bei der Taraschlucht das Vergnügen hatten, die tiefste Schlucht Europas zu bestaunen und wir uns gefragt haben, wie das zusammengeht, nun also zur tiefsten Schlucht der Welt. Vom nur ca. 5 km entfernten Dorf Monodendri gelangt man über einen Weg in 15 – 20 Minuten zu einem Kloster , von wo aus man einen überaus eindrucksvollen Blick in die Vikosschlucht haben soll. Monodendri  heißt übersetzt „einzelner Baum“, ich hatte dentro mit donti verwechselt und für mich war klar, die Ortschaft heißt „nur ein Zahn“, was ich viel lustiger finde,  wir werden wohl bei der etwas phantasievolleren Übersetzung bleiben.
Auf unserem kurzen Fußmarsch zum Monastiri Agia Paraskevi, bleiben wir noch im örtlichen Museum bei einer Ausstellung von Fred Boissonnas hängen – schwarzweiß Fotografien von griechischen Landschaften und Menschen Anfang des 20. Jahrhunderts. Zwei eindrückliche Poster wandern in unseren Rucksack, sie werden die nächsten Monate unsere Wohnung schmücken.



Vom Monastiri aus hat man tatsächlich einen grandiosen Blick in die Schlucht, die an dieser Stelle wie ein Dreiangel wirkt und tatsächlich den Eindruck erweckt, in einen Höllenschlund zu blicken. Allerdings dachten die früheren Menschen bei diesem Anblick nicht an die Pforte des Teufels, vielmehr an einen Eingang des Hades. Auf unserer Reise werden wir noch weitere solcher Einlässe finden…. ! Noch heute wirkt die Landschaft völlig unberührt. So kann es sein, dass dies hier auch als Rückzugsgebiet für gefährdete Tierarten gilt, hier gibt es noch Bären, Wölfe, Adler und Geier und eine der letzten Herden Wildpferde in Europa. Das Kloster scheint nicht mehr von Nonnen bewohnt, nur eine in Serie Ikonen produzierende, nicht sehr zugängliche Verkäuferin betreut das für jedes Kloster übliche Klosterlädchen. Ich frage mich, was der ständige Anblick dieser Grandiosität mit den Menschen gemacht hat, kann man sich daran gewöhnen, oder kommt man sich vor wie eine Ameise und wird jeden Tag erneut auf die eigene Bedeutungslosigkeit hingewiesen?!




Unsere Fahrt geht weiter über den steinernen Wald, hier ist das Material zu finden, womit in den Dörfern die Häusdächer belegt werden. Die einzelnen Gesteinstürme lassen einen Irrgarten entstehen, dessen verschlungene Wege schnell eine gewisse Orientierungslosigkeit aufkommen lassen.



Die Straße endet beim nächsten atemberaubenden Schluchtenblick. Ein breiter Pfad führt zur ummauerten Aussichtskanzel, weiter geht er schmal am Fels entlang, mit einem Schild
„begehen auf eigene Gefahr“, nein danke, das Abenteuer hat doch gerade erst begonnen… !



Unser Hotel: www.vezitsa-zagori.com
Das Pilzrestaurant: www.kanela-garyfallo.gr

Donnerstag, 3. Oktober 2019

Mit Siebenmeilenstiefeln über albanische Lagunen

Unsere Reise entwickelt sich, ohne dass es so geplant gewesen wäre, zum Lagunen-Hopping. Nachdem wir Nikolas am 25.09. in Tirana am Flughafen abgesetzt haben, besuchen wir drei Lagunen in Albanien, die recht unterschiedliche Eindrücke bei uns hinterlassen.

Die Lagune von Karavasta 25.09.-27.09.19

Ein weiteres Natur-Highlight ist die Lagune von Karavasta. Ein stilles Biotop mit einer beeindruckenden Artenvielfalt. Mit 45 km² ist sie die größte Küstenlagune Albaniens, ihre maximale Tiefe beträgt nur 1,3 m. Seit 1994 ist sie Vogelschutzgebiet, 2008 wurde sie gemäß Berner Konvention zum Smaragdgebiet erklärt. Die junge Frau, die uns die Bootsfahrtkarte verkauft (2 Personen, 45 Min., 8 Euro) erzählt, dass es immer wieder Bestrebungen gibt, die Lagune zu vereinnahmen, durch die Planung eines nahegelegenen Flughafens, oder eines Mega-Ressorts. Bisher konnte dies alles abgewendet werden, dieses Gebiet ist nach ihrer Aussage noch bis 2049 geschützt. Wir erleben hier ein Fleckchen wunderbarer Natur und Stille. Vor einem Jahr wurde ein Aussichtsturm gebaut, von oben betrachtet blickt man über die Lagune hinweg auf Sanddünen, die sie vom Meer trennen, Auwälder und Pinienhaine.



Gezeigt haben sich uns der flügellahme Johnny und sein Pelikankompagnon, sie wohnen beim Infozentrum neben dem im letzten Jahr erbauten Aussichtsturm. Über Holzstege kann man ein Stück des Waldes erkunden. Schildkröten tummeln sich im sumpfigen Waldgrund, auf dem Pfad zum Strand liegt eine Schlange, von der wir nicht wissen, wie verteidigungsfreudig und giftig sie ist.  Wir entscheiden uns für den geordneten Rückzug. Als wir mit einem Parkmitarbeiter sprechen, erfahren wir einiges über die allgemeine Situation, die sich seiner Ansicht nach ganz allmählich in Albanien verbessert. Auch er erzählt uns über die Lage im Park. Neben dem offiziellen Schutzstatus gibt es vor Ort eine Initiative, die sich der intensiven Vermarktung des Naturschutzgebietes entgegenstellt. Im nahegelegenen Divjaka hat sich ein Verein der Zimmer- und Ferienhausvermieter gegründet. Wir finden ein Appartement bei einem alten Ehepaar und wohnen ländlich und, soweit es die Sprachbarriere zulässt, mit Familienanschluss. Zum Willkommen werden wir mit Basilikumstängeln und Erdnüssen beschenkt, von denen wir jetzt auch wissen, wie sie wachsen, nämlich wie kleine Kartoffeln. Zum Abschied werden wir noch zwei Granatäpfel in die Hand gedrückt bekommen und die Hand zum Abschiedsgruß erhoben, bis wir um die nächste Ecke biegen. 






Über einen abenteuerlichen Steg gelangt man auf eine Nehrung, auf der sich im Sommer das Strandleben abspielt mit Strandbar, Liegen und strohgedeckten Sonnenschirmen. Jetzt wird hier aufgeräumt, wir sind völlig ungestört. Nur ein Arbeiter und weit weg auf dem wackeligen Steg drei, vier Fischer, die mit quadratischen Netzvorrichtungen wohl vor allem nach Krebsen Ausschau halten, teilen diesen Ort mit uns.




Bei der Bootstour durch die Lagunenkanäle wirkt dieser naturbelassene Ort noch entrückter.




Die Lagune von Narta 27.09.-28.09.19

In dem kleinen Nest Zvarnec, an der Südseite der Lagune von Narta, bleiben wir nur eine Nacht. Unser Hotel mit Privatstrand, meerwärts gelegen, konfrontiert uns mit demselben Thema, das wir schon bei der Unterkunft in Lehza hatten: Ein netter Ort, aber in diesen Tagen zu einsam und abgelegen, um sich wohlzufühlen. Außer uns sind vielleicht noch vier oder fünf Gäste hier. Wir erfühlen so allmählich den Begriff „ausgestorben“. Durch unsere inzwischen erworbene Taktik, die nächste Unterkunft entweder gar nicht vorher zu buchen und wenn ja, nur für eine Nacht, sind wir jeden Tag frei zu entscheiden, ob wir längere Zeit an einem Ort verbringen. Mittlerweile hat sich eine gewisse Routine eingestellt. Wir leben aus dem Bordcase und wechseln nur aus dem „großen Sommerkoffer“ ab und zu frische Klamotten gegen Schmutzwäsche. Aus dem Auto nehmen wir außerdem nur den Fotoapparat, die Computertasche und die Medikamente mit aufs Zimmer. Es ist ruckzuck aus- und wieder eingepackt. Wir entwickeln uns zu wahren Nomaden und wir fragen uns mittlerweile, weshalb wir unser Auto so vollgeladen haben. Abschied zu nehmen fällt uns immer leichter.



Am anderen Morgen vor unserer Abreise besuchen wir noch das Highlight der Lagune von Narta. Ein altes Kloster, das auf einer kleinen Insel steht, mit einem Holzsteg ans Land angebunden.



Anfahrt zur Lagune von Butrint (Übernachtung 28.-29.09. in Himare)

Die Fahrt von Narta nach Himare gehört zum Schönsten, was wir auf der Reise bisher erlebt haben. Allerdings auf dem ersten Streckenabschnitt von Vlora bis Orikum ist die Bucht so zugebaut, dass es überhaupt nicht zu unseren bisherigen Albanieneindrücken passt. 
Danach geht die Straße bergwärts, kaum unterbrochen von Ansiedlungen schraubt sich der Llogara-Pass auf der Nordseite durch steile, grüne Berglandschaft empor zur Passhöhe, um südwärts in unzähligen Schleifen, über dem tief unten liegenden Meer und durch karstiges Gestein wieder abzufallen. Ein Muss bei jeder Albanienreise!!!!



Unser erster Zielpunkt Dhermi enttäuscht uns, das Dorf liegt am Hang unterhalb der Straße zum Meer hin. Von oben besehen, scheint es unten am Strand wenig freundliche Infrastruktur zu geben. Wir fahren hinunter bis zur zweiten Häuserreihe hinter dem Strand. Über eine Huppelpiste geht es an der Rückfront der Appartements und Restaurants vorbei, womöglich ist es auf der Vorderseite schöner, aber uns kommt die Lust abhanden, dies zu erkunden. Also entscheiden wir uns für Himare etwas südlicher gelegen als Übernächtigungsstandort. Das schon vorher ausgeschaute Hotel „sea view“, erst im Juni in Betrieb gegangen, hat noch freie Zimmer mit Blick auf Pool und Strand. Himare macht einen freundlichen Eindruck, noch keine großen Bausünden, allerdings liegt auch hier viel Müll an der Straße und manche unschön zusammen geschusterte Bretterbude steht an der Strandstraße. Nach einem fürstlichen Abendessen (lecker, allerdings musste ich im Gegensatz zu Novigrad nach den Trüffeln bei den Nudeln suchen) am Pool mit drei charmanten Kellnern sinken wir zufrieden ins Bett.  Übermorgen wird das Hotel die Saison beenden. Wir scheinen der Winterpause immer ein paar Schritte voraus zu sein!


Von Himare aus führt die Straße weiterhin mit wunderschöner Aussicht am Berg entlang und gewährt einen kurzen Blick auf Porto Palermo, den einzigen U-Boot-Hafen Albaniens. Auch hier gibt es immer wieder Dörfer, die teilweise an die steilen Hänge wie angeklebt sind. Hier würde sich eine Übernachtung an der wunderschönen, noch nicht verbauten albanischen Riviera lohnen. Nach ca. 30 km führt die Straße kurz vor Saranda ins Hinterland. Hier gäbe es die Möglichkeit, auf das nur einen Katzensprung entfernte Korfu überzusetzen, unser Ziel ist allerdings das antike Butrint. In einem Hotel, direkt am Parkeingang gibt es eine gute Übernachtungsmöglichkeit.


Lagune von Butrint (Übernachtung 29.-30.09.)

Einer Sage nach soll der Held Aeneas vor der Küste Butrints als Dank für die gelungene Flucht aus dem brennenden Troja einen Stier geopfert haben. Dieser Stier stürzte auf seiner Flucht verletzt ins Meer und schwamm an den Strand der Insel, wo er dann tot zusammenbrach. Die Einheimischen deuteten dies als Gotteszeichen und nannten die Insel fortan Butrint, was so viel bedeutet wie verwundeter Stier.
Erste Ausgrabungen oder Funde wurden auf das 8. Jahrhundert vor Chr. datiert. Überlieferungen nach war Butrint früher eine griechisch-illyrische Stadt mit Königssitz der Aiakiden. So wie die Zeit ihren Lauf nahm, so kamen und gingen auf der Insel auch die Herrscher und Stämme. Das Römische Reich von 167 v. Chr. Setzte aber mit vielen Bauten ein zeitübergreifendes Zeichen. Mit der Invasion der Slaven im 8. Jahrundert n. Chr. war dann auch die Blütezeit von Butrint endgültig vorbei. Venezianer herrschten mit Unterbrechungen und auch die Osmanen hielten für eine kurze Zeit das Sagen über die Insel in der Hand.
Entnommen aus www.weltkulturerbe.com

Zufällig haben wir mit der Anreise nach Butrint am 28.10. die „europäischen Tage des Kulturerbes“ getroffen. So kommen wir, die wir uns abends noch ein bisschen vor der antiken Stadt umsehen wollten, schon am Sonntag bei freiem Eintritt auf das Gelände und können uns einen Überblick verschaffen. Am nächsten Vormittag stehen wir um 9 Uhr vor der Pforte, bereit für einen entspannten Gang durch eine der am besten erhalten antiken Stätten im Mittelmeerraum. Es ist noch schattig und die Touristenbusse sind auch noch nicht da. Wir haben die atmosphärische antike Siedlung, die malerisch und gut erhalten auf einer Halbinsel in der Lagune von Butrint liegt, fast für uns allein.  Ein besonderer Ort, der nur empfohlen werden kann!





Für Sommer-Sonnen-Urlaubs-Feeling finden wir Ksamil zwischen Saranda und Butrint gelegen, ganz wunderbar, allerdings nicht in der Hochsaison. Mit mehr Zeit, hätten wir uns unbedingt hier nach einem Zimmer umgesehen.



Doch heute soll es schon über die Grenze nach Griechenland gehen. Wir haben die Zagori-Dörfer im Visier.